Karos Kolumne

Sind wir nicht alle ein bisschen Akropolis?

Die Akropolis ist der große, der Stadtgöttin Athene geweihte Burgberg im Herzen von Athen. Seit 1987 ist sie Teil des UNESCO-Welterbes. Das ist noch gar nicht so lange her im Vergleich zur eigentlichen Geschichte, die bis ins 13. Jahrhundert vor Christus reicht. Von ersten Siedlungen, über den Sitz der Götter bis zur Touristenattraktion ist es ein langer, geschichtsträchtiger Weg. Immer wieder gab es ein paar Bekloppte, die was kaputt gemacht machen, was andere dann wieder aufgebaut haben. Selbst ein britischer Botschafter hat im 19. Jahrhundert hier ordentlich geplündert und ein paar Sachen auf die Insel geschleppt. Erst, als Griechenland unabhängig wurde, was Schluss mit dem Klauen und Kaputtmachen. Seitdem nagt eigentlich nur noch der Zahn der Zeit an den alten Steinen. Und damit wären wir beim Thema.  

Das prägnante Parthenon hat kein Dach mehr und man versucht zu retten was zu retten ist. Also so wie bei Menschen um die 50. Den Herren gehen die Haare aus, und bei den Damen werden sie grau. Die Säulen sind ein bisschen schrumpelig, so wie meine Oberschenkel. Bei einigen Restaurierungen hat man in den 1930er Jahren Eisenklammern benutzt, was gar nicht so gut für die Steine war. Das erinnert mich an die Amalgam-Füllungen in unserem Zähnen. Jede/r Dritte in Deutschland soll sowas noch im Mund haben, Tendenz abnehmend. Man bedient sich bei den Restaurierungen aller möglichen Materialien, um den Verfall aufzuhalten. So wie wir mit allerhand Crèmes und Fluides, Färbemitteln und Ersatzteilen wie Zähnen und Hüft- oder Kniegelenken. 

Doch egal, wie viel restauriert werden muss, die Steine üben eine magische Anziehungskraft aus. Sie haben was zu erzählen. Sie haben Geschichte geschrieben. Sie sind interessant und man beschäftigt sich gerne mit dem, was in der Vergangenheit so passiert ist. Man kann aus der Geschichte lernen. So wie bei Menschen um die 50. Auch wir haben was zu erzählen. Wir haben Erfahrungen gemacht, die wir gerne weitergeben. Und das macht uns nicht weniger interessant, anziehend und spannend.

Nun ist es sicherlich vermessen, sich mit der Akropolis zu vergleichen. Zumal wir keine 3.300 Jahre auf dem Buckel haben. Mag sein, dass der Vergleich auch ein bisschen hinkt. Macht aber nichts.

Als ich einem alten Bildzeitungs-Freund ein Karo-Selfie mit Akropolis geschickt habe, hat er spontan „Karopolis“ draus gemacht. Sowas kann auch nur ein Mann von Bild….. Was ein Buchstabentausch alles anrichten kann – so bin ich überhaupt erst auf die Idee mit dem Vergleich gekommen. 

Ein Minimodell des Parthenon steht jetzt bei mir im Bücherregal. Kitschig und echt fies in einem Souvenirladen gekauft. Dafür hab ich vor Ort keine Steine geklaut. Denn wenn das jeder machen würde, gäbs die Akropolis in 1000 Jahren nicht mehr.