Karos Kolumne

Abschied nehmen

Eigentlich wollte ich eine Kolumne zu einem ganz anderen Thema schreiben. Etwas Fröhliches, denn die Zeiten sind ja gerade irgendwie anders. Doch das muss jetzt leider warten. Oder vielleicht auch nicht?! 

Meine Mutter ist gestorben. Und ich weiß gerade nicht so richtig, wie ich damit umgehen soll. Meine Mutter war lebensfroh, spielte leidenschaftlich gerne Golf, sie war eine gute Gastgeberin und legte sehr viel Wert auf ein gepflegtes Äußeres. Mit meinem Vater war sie gleich zwei Mal verheiratet. Die beiden haben sich nach 13 Jahren Ehe scheiden lassen, und ein Jahr später wieder geheiratet. Wir haben diese Liebe also jedes Jahr an zwei Hochzeitstagen gefeiert und hatten viel Spaß dabei.

Als meine Mutter um die 50 war, ist sie Rallyes gefahren und hat mit meinem Vater tolle Reisen unternommen. Sie wollten viel sehen und erleben, was sie auch immer gut hinbekommen haben. Sie hat den Darmkrebs besiegt, fünf Mal ihre Hüftgelenke austauschen lassen, und auch dem Hautkrebs hat sie den Kampf angesagt. Was sie nicht besiegen konnte, war die Demenz. Eine schleichende, fiese Krankheit, die man als Angehörige auch erst mal verstehen muss. Meine Mutter hatte Angst davor. Denn ihre Mutter war ebenfalls dement und sie wollte nie so enden wie ihre eigene Mutter.

Die letzten zwei Jahre hat sie in den Hausgemeinschaften Eilenriedestift verbracht. Eine Einrichtung, die sich ausschließlich um demenziell erkrankte Menschen kümmert. Zu Hause ging es nicht mehr, sie hätte sich selbst und andere gefährdet. Über einen bösen Sturz und einen Krankenhausaufenthalt zu übelsten Corona-Zeiten ist sie in die Hausgemeinschaften eingezogen. Dort haben sich alle rührend um sie gekümmert. Was ich erstaunlich fand, dass sie nie gefragt hat, ob und wann sie wieder nach Hause kommt. Ein Zeichen dafür, dass sie sich dort wohlgefühlt hat und Menschen um sich hatte, mit denen sie sich wie auch immer verständigen konnte.

Dort ist sie jetzt friedlich eingeschlafen. Die Nachricht kam, als ich gerade auf dem Weg zu einer Taufe war. Mit dem kleinen Mädchen bin ich irgendwie entfernt verwandet. Die Taufe mit einer gerade überbrachten Todesnachricht zu erleben, war natürlich besonders intensiv, aber auch schön. Denn sie war für mich ein Gruß an das Leben und den Tod gleichermaßen.

Zur Taufe habe ich der kleinen Sara ein Kinder-Armband geschenkt, das einst der Mutter meiner Mutter gehörte. Da ich selber keine Kinder habe, ist ein Teil meiner Familie mütterlicherseits jetzt bei ihr aus der väterlichen Linie gelandet. Für mich hat sich so ein Kreis geschlossen.

Mit fröhlichen Bildern möchte ich jetzt das Leben feiern und an die schönen Momente im Leben meiner Mutter erinnern.

Liebe Mama, ich wünsche Dir eine schöne letzte Reise und grüß mir den Alten.

In Liebe, Deine Tochter